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Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock scheitern an Aktienbesitz VGH weist Berufungen dreier Gemeinden zuück

Datum: 01.07.2003

Kurzbeschreibung: 


Mit seinen nach der heutigen Verhandlung verkündeten Urteilen hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) die Klagen dreier Gemeinden auf Investitionshilfen aus dem Ausgleichsstock des kommunalen Finanzausgleichs in zweiter Instanz abgewiesen.

Die Gemeinde Wiernsheim und die Gemeinde Wurmberg (Enzkreis) bilden einen Schulzweckverband, der Schulträger einer Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule ist. Das Schulgebäude sollte 2001 erneuert und erweitert werden, wofür etwa 3 Mio. DM veranschlagt waren. Beide Gemeinden beantragten hierzu Investitionshilfen aus dem Ausgleichsstock. Die Gemeinde Wörnersberg (Landkreis Freudenstadt) gestaltete im Jahr 2001 aus Anlass von Kanalbauarbeiten ihre Hauptstraße um und legte einen Dorfplatz an. Auch sie beantragte eine Investitionshilfe. Der Verteilungsausschuss beim Regierungspräsidium Karlsruhe lehnte die Anträge ab, weil die drei Gemeinden die jeweilige Maßnahme aus eigener Kraft finanzieren könnten. Sie besäßen nämlich EnBW-Aktien, die sie nach der Privatisierung der Energieversorgung nicht mehr für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigten und daher verkaufen könnten.
Mit ihren Klagen haben die Gemeinden vorgetragen, es könne von ihnen nicht erwartet werden, über die Erträge ihres Vermögens hinaus auch dessen Substanz anzugreifen. Das sei für Schlüsselzuweisungen anerkannt und müsse gleichermaßen für Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock gelten. Ob eine Gemeinde ihr Beteiligungsvermögen zinsbringend anlege oder aber veräußere, obliege allein ihrer eigenen Entscheidung; das gewährleiste ihr die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Die Gemeinden Wiernsheim und Wurmberg haben zusätzlich geltend gemacht, dass sich ihre EnBW-Aktien nicht veräußern ließen, weil es sich um vinkulierte Namensaktien handele; eine Veräußerung sei zudem jedenfalls im Jahre 2001 wegen der hohen Körperschaftsteuer unwirtschaftlich. Schließlich habe das Land im Verfahren zu erkennen gegeben, dass die Aktien nicht angerechnet würden, solange sie nicht verkauft worden seien; darauf hätten sie vertraut.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klagen in erster Instanz abgewiesen. Diese Urteile hat der VGH jetzt bestätigt; die Berufungen der klagenden Gemeinden blieben erfolglos. Zur Begründung heißt es:
Nach den einschlägigen Richtlinien ergebe sich die Leistungskraft einer Gemeinde daraus, welche Eigenmittel sie für Investitionen bei angemessener Ausschöpfung ihrer Einnahmequellen und bei sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung aufbringen könne. Die „angemessene Ausschöpfung ihrer Einnahmequellen“ beschränke sich nicht auf die laufenden Einnahmen, sondern erstrecke sich auf sämtliche denkbaren Einnahmequellen einschließlich der Auflösung von Rücklagen, der Veräußerung vorhandenen Vermögens und der Aufnahme zusätzlicher Kredite. Allerdings sei nicht das gesamte Gemeindevermögen anzurechnen. Zum einen müsse sich ein angemessener Erlös erzielen lassen, weil die Veräußerung sonst unwirtschaftlich wäre. Zum anderen komme nur eine Veräußerung von Gemeindevermögen in Betracht, das die Gemeinde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht benötige; dabei gehe das Land davon aus, dass über die Frage, ob die Gemeinde einen bestimmten Gegenstand des Sach- oder des Beteiligungsvermögens zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe benötige, die Gemeinde im Rahmen ihrer Autonomie selbst entscheide.
Mit diesem Inhalt seien die Richtlinien mit dem Finanzausgleichsgesetz vereinbar. Hierfür sei bedeutungslos, dass die Schlüsselzuweisungen allein nach der Steuerkraft unter den Gemeinden verteilt würden, vorhandenes Vermögen insofern also außer Ansatz bleibe. Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen seien nach Zweck und Maßstab unterschiedliche Instrumente des kommunalen Finanzausgleichs; während die Schlüsselzuweisungen der Hebung und dem Ausgleich der Finanzkraft sämtlicher Gemeinden und Kreise im Lande dienten, stelle der Ausgleichsstock ein subsidiäres Finanzierungsinstrument dar, das nur in Ausnahmefällen bei einzelnen Gemeinden eingreifen solle. Schließlich verstießen die Richtlinien auch nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar lasse sich ein gewisser Veräußerungsdruck auf die Gemeinden nicht leugnen, doch sei das durch den Notcharakter des Ausgleichsstocks gerechtfertigt.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe aber habe der Verteilungsausschuss beim Regierungspräsidium Karlsruhe den Aktienbesitz der drei Klägerinnen mit Recht angerechnet: Alle drei klagenden Gemeinden benötigten ihre EnBW-Beteiligung nicht länger zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben, hier der Aufgabe der Energieversorgung ihrer Bevölkerung. Die Aktien seien auch veräußerbar; das Land habe mit Recht angenommen, dass die EnBW AG die rechtlichen Voraussetzungen für eine Veräußerung auch vinkulierter Namensaktien in absehbarer Zeit schaffen werde. Ein Verkauf lasse auch - nach Abzug von Steuern - einen ausreichenden Erlös erwarten, um wirtschaftlich zu sein. Schließlich hätten die Gemeinden nicht darauf vertrauen können, dass ihre Aktienbestände unberücksichtigt blieben.
Der VGH hat die Revision gegen seine Urteile nicht zugelassen. Hiergegen steht den klagenden Gemeinden die Beschwerde offen (AZ.: 9 S 1504/02, 9 S 1574/02, 9 S 2184/02).





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