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Bundestagswahlkampf: Stadt Rottweil zur Überlassung der Stadthalle an die AfD verpflichtet

Datum: 08.09.2017

Kurzbeschreibung: Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat die Stadt Rottweil (Antragsgegnerin) am 08.09.2017 in einem Eilverfahren verpflichtet, dem Kreisverband der AfD Baden-Württemberg (Antragsteller) am 18.09.2017 die Stadthalle für eine Wahlkampfveranstaltung zu überlassen.

Der Antragsteller hatte ab dem 13.07.2017 wiederholt beantragt, die Stadthalle am Montag, den 18.09.2017, hilfsweise am Freitag, den 15.09.2017, höchst hilfsweise am Dienstag, den 12.09.2017, mieten zu können. Die Antragsgegnerin hatte diese Anträge abgelehnt und erklärt, sie habe die Halle am ersten und am dritten Termin schon an Sportvereine und am zweiten Termin für eine Hochzeit vergeben. Der Antragsteller stellte deshalb einen Eilrechtsantrag zum Verwaltungsgericht Freiburg (VG). Das VG lehnte den Antrag zwar bezüglich des 18.09.2017 ab, verpflichtete die Stadt aber, dem Antragsteller die Halle am 15.09.2017 zu überlassen. Zur Begründung führte es u. a. aus, die Antragsgegnerin habe nicht substantiiert vorgetragen, dass ein Aufbau am Freitag, den 15.09.2017, für die am Samstag, den 16.09.2017, stattfindende Hochzeit unerlässlich sei. Gegen diese Entscheidung des VG legten beide Beteiligten Beschwerde zum VGH ein.

 

Der 1. Senat des VGH hat nun mit Beschluss vom 08.09.2017 der Beschwerde des Antragstellers stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller die Halle am 18.09.2017 zu überlassen. Zur Begründung hat der 1. Senat u. a. ausgeführt, Gemeinden seien gehalten, politische Parteien gleich zu behandeln, wenn sie ihnen kommunale Einrichtungen zur Nutzung zur Verfügung stellten. Nach ihrem Widmungszweck könne die Stadthalle Rottweil auch für Wahlkampfveranstaltungen von nicht verbotenen Parteien im Vorfeld einer Bundestagswahl genutzt werden. Die Überlassung der Stadthalle an den Antragsteller am 18.09.2017 scheitere auch nicht an den Kapazitätsgrenzen der Halle. Für diesen Tag begehrten zwar neben dem Antragsteller auch zwei Sportvereine eine Nutzung der Stadthalle. Diese hätten ihren Nutzungswunsch auch zeitlich vor dem Antragsteller angemeldet. Nach der Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin wäre diese aber verpflichtet gewesen, in Ausübung ihres Ermessens zu entscheiden, ob sie den regelmäßig montags stattfindenden Sportbetrieb am 18.09.2017 für die Wahlkampfveranstaltung zurückstellt.

 

Der 1. Senat hat zur Begründung dieser Auffassung erläutert, eine Gemeinde könne eine Stadthalle zwar grundsätzlich nach der Reihenfolge der Anmeldungen oder Reservierungen vergeben (Prioritätsprinzip). Der Senat hatte die Antragsgegnerin allerdings aufgefordert, in einer eidesstattlichen Versicherung ihre Verwaltungspraxis speziell zur Vergabe der Stadthalle an Sportvereine für den allwöchentlichen Trainingsbetrieb näher zu erläutern. Dieser Erklärung der Antragsgegnerin hat der Senat entnommen, dass die Antragsgegnerin den regelmäßigen Sportbetrieb in der Halle in der Vergangenheit mehrfach hinter verschiedene Veranstaltungen zurückgestellt hat (u. a. Blutspendeaktionen und Musikfeste). Die Antragsgegnerin sei deshalb, so der Senat, verpflichtet gewesen, im Interesse einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis zu entscheiden, ob sie den Sportbetrieb auch am 18.09.2017 für die Wahlkampfveranstaltung zurückstelle. Das habe sie unterlassen. Das Ermessen der Antragsgegnerin sei auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes inzwischen so zu Gunsten des Antragstellers verdichtet, dass die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen gewesen sei. Der Senat hat dazu u. a. auf Art. 21 des Grundgesetzes (GG) verwiesen, nach dem es Aufgabe der Parteien ist, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Er hat zudem die besondere Bedeutung von Bundestagswahlen im demokratischen Rechtsstaat hervorgehoben. Er hat ferner bemängelt, dass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers vom 13.07.2017 nach Auffassung des Senats trotz der Eilbedürftigkeit verzögernd behandelt und den Sachverhalt im Gerichtsverfahren erst auf mehrfache Nachfragen vollständig vorgetragen habe. Dadurch seien vom Antragsteller nicht zu vertretende Verzögerungen eingetreten, die es ihm faktisch schwer machen würden, für die vorgesehene Veranstaltung einen anderen geeigneten Veranstaltungsort zu finden.

 

Der Beschluss des 1. Senats vom 08.09.2017 (- 1 S 2058/17 -) ist unanfechtbar.

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