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Außenbewirtschaftung nur mit kostenloser Gästetoilette zulässig? Sondernutzungssatzung darf das nicht vorschreiben

Datum: 17.08.2017

Kurzbeschreibung: 
Die Stadt Singen (Antragsgegnerin) hat am 27.09.2016 eine neue Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung) erlassen. Diese sieht in § 18 Abs. 3 Satz 1 vor, dass eine Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtschaftung auf öffentlicher Verkehrsfläche, soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, nur erteilt werden kann, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird.

Hiergegen wendet sich eine Konsumgüter- und Einzelhandelsfirma (Antragstellerin), die ihre Produkte in Filialen in Singen vertreibt und dort auch Kaffee zum sofortigen Verzehr verkauft. Für diese Zwecke beantragte sie am 13.10.2016 eine Sondernutzungserlaubnis für sechs Tische und 24 Stühle, die die Antragsgegnerin am 08.03.2017 ablehnte.

Die Antragstellerin hat gegen die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin einen Normenkontrollantrag eingereicht (5 S 1439/16), über den in der Hauptsache noch nicht entschieden ist. Zudem hat sie einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin gestellt (5 S 533/17), den der VGH mit Beschluss vom 29. März 2017 abgelehnt hat. Zur Begründung führt der 5. Senat aus, § 18 Abs. 3 Satz 1 der Sondernutzungssatzung verstoße voraussichtlich gegen höherrangiges Recht. Bei der Entscheidung über die nach Straßenrecht zu erteilende Sondernutzungserlaubnis dürfe die Behörde nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs berücksichtigen. Andere Erwägungen seien nur zulässig, wenn sie noch einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Daran dürfte es hier fehlen. Das „Abhängigmachen“ der bestuhlten Außenbewirtschaftung von einer Gästetoilette diene nach den sich aus den Akten der Antragsgegnerin ergebenden Erkenntnissen nicht straßenbezogenen Belangen, insbesondere nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder der Vermeidung von Verunreinigungen der Straße. Vielmehr gehe es der Antragsgegnerin augenscheinlich nur darum, einen Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten auszugleichen und hierfür die Gewerbetreibenden in der Innenstadt in die Verantwortung zu nehmen.

Obwohl § 18 Abs. 3 Satz 1 der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin daher gegen höherrangiges Recht verstoßen dürfte, hat der 5. Senat den Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Sondernutzungssatzung abgelehnt. Der Antragstellerin drohe bis zur Entscheidung in der Hauptsache kein schwerer Nachteil, da sie am 07.12.2016 eine Sondernutzungserlaubnis unter anderem für das Aufstellen von fünf Stehtischen erhalten habe.

Der Beschluss ist unanfechtbar (5 S 533/17).

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