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Künzelsau: Förderpraxis für Kindergärten gleichheitswidrig

Datum: 14.03.2016

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit einem den Beteiligten letzte Woche bekannt gegebenen Urteil vom 23. Februar 2016 entschieden, dass die Stadt Künzelsau (Beklagte) verpflichtet ist, auch den Besuch von Kindergärten freier Träger in ihre Förderpraxis, Künzelsauer Eltern freiwillige Zuschüsse für den Besuch von Kindergärten zu gewähren, einzubeziehen.

Ein Elternpaar (Kläger), dessen zwei Kinder ab 2008 den Waldorfkindergarten in Künzelsau besuchten, verlangt von der Beklagten die Erstattung der von ihnen bezahlten Kindergartenbeiträge in Höhe von 11.621 €. Die Beklagte gewährt seit 2007 Künzelsauer Eltern, die ihre Kinder in städtischen Kindergärten unterbringen, eine deutliche Gebührenermäßigung, so dass für Kinder ab der Vollendung des 3. Lebensjahres keine Kindergartengebühren anfallen. Die städtische Förderung gilt für Kindergärten freier Träger jedoch nicht.

 

Das VG Stuttgart wies zwar die Klage der Eltern auf Erstattung der an den Waldorfkindergarten gezahlten Elternbeiträge ab, verpflichtete jedoch die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung zu einer Neubescheidung des Begehrens der Kläger (zum Sachverhalt und zum Urteil des Verwaltungsgerichts siehe ergänzend Pressemitteilung Nr. 4 des VGH vom 04.02.2016, S. 18).

 

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wies der 12. Senat des VGH im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Förderpraxis der Beklagten unterstehe in rechtlicher Hinsicht zwar nicht unmittelbar den gesetzlichen Regelungen über die Kindergartenförderung. Die Gemeinde dürfe jedoch mit der direkten Förderung des Kindergartenbesuchs durch eine Zuwendung an die Eltern nicht das gesetzliche Wahlrecht der Eltern und deren Erziehungsbestimmungsrecht unterlaufen. Sie tue dies aber unter Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie Kinder, für welche die Eltern den Besuch eines freien Kindergartens vorsehen, von vornherein von der einschlägigen freiwilligen kommunalen Fördermaßnahme ausschließe.

 

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie regelmäßig dem Künzelsauer Waldorfkindergarten freiwillige Zuschüsse gewähre. Denn diese hätten im Gegensatz zu der Bezuschussung des Besuchs der städtischen Kindergärten gerade nicht den Zweck, den Künzelsauer Vorschulkindern im Rahmen einer notwendigen Förderung ihrer Gesamtentwicklung einen kostenfreien regelmäßigen dreijährigen Kindergartenbesuch zu ermöglichen. Sie verfolgten vielmehr den weiteren und andersartigen Zweck einer allgemeinen Finanzierung der privaten Kindergärten, wie dies bereits seit Jahren auf Verbandsebene zwischen den Kommunalen Landesverbänden, den Kirchen und den Verbänden der sonstigen freien Träger der Jugendhilfe vereinbart sei.

 

Bei der ihr nun auferlegten neuen Entscheidung über den Förderantrag der Kläger dürfe die Beklagte Unterschiede insbesondere in den Betreuungsangeboten der städtischen Kindergärten einerseits und des Waldorfkindergartens andererseits bei der Bestimmung der Höhe der Förderung berücksichtigen. Auch der Zeitpunkt der Antragstellung durch die Kläger könne bei der neuen Entscheidung in Rechnung gestellt werden, da die beabsichtigte Förderung gerade nicht auf eine unmittelbare finanzielle Entlastung der Eltern abziele, sondern in erster Linie einen tatsächlichen Kindergartenbesuch der Vorschulkinder ermöglichen solle.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (Az.: 12 S 638/15).

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