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Pension mit 17 Betten im reinen Wohngebiet grundsätzlich unzulässig; Nachbar kann verlangen, dass Baurechtsbehörde über Einschreiten entscheidet

Datum: 13.08.2015

Kurzbeschreibung: In einem reinen Wohngebiet ist eine Pension mit 17 Betten grundsätzlich unzulässig. Eigentümer von Nachbargrundstücken im reinen Wohngebiet können daher verlangen, dass die zuständige Baurechtsbehörde entscheidet, ob und inwieweit dagegen eingeschritten wird. Das hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem Beschluss vom 11. Mai 2015 entschieden. Damit blieben Anträge der Betreiber einer Pension in der Gemeinde Brühl im Rhein-Neckar-Kreis (Beigeladene) erfolglos, die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zuzulassen, das der Klage einer benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) gegen das Landratsamt Rhein-Necker-Kreis (Beklagter) stattgegeben hatte.

Die Beigeladenen beantragten einen Bauvorbescheid zur Änderung eines Mehrfamilienhauses in der Gemeinde Brühl in "Ferien-/Monteurwohnungen". Die Klägerin wandte ein, es handele sich um einen Beherbergungsbetrieb in Form einer Pension, die in einem reinen Wohngebiet unzulässig sei. Der Beklagte teilte diese Auffassung nicht und hielt einen Bauvorbescheid für nicht erforderlich. Die Klägerin beantragte daraufhin, den Beigeladenen zu untersagen, ihr Mehrfamilienhaus als Monteurs-Unterkunft gewerblich zu nutzen. Die Beigeladenen vermieteten die Wohnungen im Haupthaus und zusätzlich Wohnungen in einem Nebengebäude tages- oder wochenweise. Während der Woche zögen hauptsächlich Monteure ein, an den Wochenenden Urlauber. In Spitzenzeiten seien bis zu 20 Gäste anwesend. Die Wohnungen würden im Branchenverzeichnis als Pension mit tageweiser Vermietung beworben. Die Beigeladenen böten einen Wäscheservice sowie die Übernahme der Zimmerreinigung an. Da der Beklagte nicht über diesen Antrag entschied, erhob die Klägerin Untätigkeitsklage.

 

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 8. Oktober 2014, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die Klägerin werde durch die Nutzungsänderung in ihrem Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart "reines Wohngebiet" verletzt. Der Beklagte sei daher ihr gegenüber verpflichtet zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie er gegen diese unzulässige Nutzung einschreite. Die anschließenden Anträge der Beigeladenen, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, blieben erfolglos.

 

Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen VG-Urteils. Das VG habe zutreffend angenommen, dass die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen in einem nicht überplanten Gebiet lägen, dass im Sinne eines faktischen reinen Wohngebiets ausschließlich von Wohnnutzung geprägt sei. Seine weitere Auffassung, die Räume im vormaligen Mehrfamilienhaus der Beigeladenen dienten nicht mehr dem Wohnen, sondern würden nun als Beherbergungsbetrieb genutzt, sei ebenfalls zutreffend. Der Begriff "Wohnen" setze eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit voraus, die sich durch eigene Gestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichne. Daran fehle es. Es handele sich vielmehr um einen Beherbergungsbetrieb in Form einer Pension. Die Räume würden in ständigem Wechsel Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt. Die Gäste seien nur übergangsweise für einen begrenzten Zweck untergebracht. Bei der Vermietung an Monteure sei wegen bestehender Kochgelegenheit zwar eine gewisse Eigengestaltung der Haushaltsführung möglich. Nach dem Gesamtgepräge blieben diese aber doch Gäste eines Beherbergungsbetriebs.

 

Zwar könnten in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden. Das Merkmal "klein“ solle insbesondere die Gebietsverträglichkeit gewährleisten, für die in einem reinen Wohngebiet der Schutz der Wohnruhe besonders bedeutsam sei. Diesen Anforderungen genüge die Pension der Beigeladenen mit 17 Betten für Monteure nicht. Sie widerspreche nach ihrem Gesamtbild dem Charakter des Baugebiets. In einem durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiet, das sich zudem durch eine stark aufgelockerte Bebauung auszeichne und insgesamt als ruhiges Wohnquartier zu beurteilen sei, sei ein Beherbergungsbetrieb grundsätzlich nur mit einer Zahl von deutlich weniger als 17 Betten wohngebietsverträglich und damit "klein“.

 

Die Berufung sei auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, mit wie vielen Betten ein Beherbergungsbetrieb noch als "klein“ gelte, um in einem faktischen reinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig zu sein, sei nicht verallgemeinerungsfähig zu beantworten. Dies richte sich allein nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

 

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 3 S 2420/14).

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