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Landesmesse Stuttgart: Keine weiteren Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlich

Datum: 02.11.2006

Kurzbeschreibung: Mit seinem heute verkündeten Urteil hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) den vom BUND Baden-Württemberg e.V. (Kläger) im Berufungsverfahren zuletzt noch gestellten Antrag zurückgewiesen, das beklagte Land zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss für die Landesmesse um weitere Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft zu ergänzen.

Das Landesnaturschutzgesetz verpflichtet den Verursacher von Eingriffen in Natur und Landschaft - hier die im Verfahren beigeladene Projektgesellschaft Neue Messe - , unvermeidbare Beeinträchtigungen vorrangig auszugleichen oder - nachrangig - in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen); soweit beides nicht in Betracht kommt, ist eine für Naturschutzzwecke zu verwendende Ausgleichsabgabe zu entrichten. Im Berufungsverfahren hat  der Kläger vor allem noch geltend gemacht, dass für den durch den Bau der Landesmesse bewirkten Verlust der Lebensräume speziell der auf Äckern lebenden sogenannten Laufkäfer und Vögel zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen zu treffen seien.

Dem ist der Senat - wie bereits das Verwaltungsgericht Stuttgart - unter anderem aus folgenden Gründen nicht gefolgt: Die Planfeststellungsbehörde sowie die Projektgesellschaft Neue Messe hätten plausibel gemacht, dass zugunsten der Laufkäfer schon keine weiteren Ausgleichsmaßnahmen mehr ergriffen werden könnten. Soweit noch Äcker vorhanden seien, auf denen beispielsweise Brachestreifen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Laufkäfer angelegt werden könnten, seien diese zwischen 800 m und 1,6 km vom Messegelände entfernt und von diesem zudem noch durch stark befahrene Straßen getrennt. Angesichts des typischerweise kleinräumigen Aktionsradius der Laufkäfer würde es daher an dem für eine Ausgleichsmaßnahme notwendigen räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Ort des Eingriffs fehlen. Daran ändere nichts, dass es auch flugfähige Käferarten gebe. Im Übrigen habe der Planfeststellungsbeschluss das Ausgleichsdefizit hinsichtlich der Laufkäfer, das durch die Ersatzmaßnahme „Renaturierung der Körschmündung“ kompensiert werde, auch nicht zu niedrig angesetzt. Die Begrünung der Dächer der Hallen, Verbindungsbauten und Parkhäuser sei geeignet, einen Beitrag zum Ausgleich des Eingriffs in die „Laufkäferwelt“ zu leisten. Denn auf den begrünten Flächen, die sich unmittelbar am Ort des Eingriffs befänden, könnten sich mit der Zeit auch Laufkäferarten ansiedeln, die zuvor auf den überbauten Äckern gelebt hätten. Auch sei die Wertigkeit des vor dem Eingriff vorhandenen Bestandes der Laufkäfer und damit der Ausgleichsbedarf nicht zu gering eingestuft worden. Der Einwand des Klägers, verschiedene - insbesondere seltene - Laufkäferarten seien nur deshalb nicht erfasst worden, weil die Bestandsuntersuchung nicht im Frühjahr, sondern im Herbst stattgefunden habe, werde schon dadurch relativiert, dass eine Nachuntersuchung im Jahre 2004 mit Frühjahrserhebung keine anderen Ergebnisse erbracht habe. Außerdem seien geeignete Maßnahmen getroffen worden, um Nachteile einer Herbstuntersuchung auszugleichen und zu aussagekräftigen Resultaten zu gelangen. Wegen der festgestellten Artenarmut im Bereich der Filder sei schließlich auch plausibel, dass die vorhandene Laufkäferfauna nur mit „gering bis mittel“ bewertet worden sei.

Hinsichtlich der „Vogelwelt“ (Avifauna) sei nicht erkennbar, dass die Einschätzung des Planfeststellungsbeschlusses, der durch den Bau der Landesmesse bedingte Verlust der Lebenswelt werde durch die festgesetzten Maßnahmen - insbesondere auch zugunsten des Rebhuhns - mehr als ausgeglichen, fachlich nicht mehr vertretbar sei. Die Eingriffsintensität sei insoweit nicht deshalb unterschätzt worden, weil die dem Planfeststellungsbeschluss vorausgehende Bestandserhebung nicht im Frühjahr zur Zeit der „Erstbrut“, sondern erst im Juli erfolgt sei. Denn ergänzend zur Julierfassung seien langjährige, auch im Frühjahr durchgeführte Brutvogelbeobachtungen ortskundiger Fachleute und Daten aus externen Untersuchungen herangezogen worden. Diese Vorgehensweise sei umso weniger zu beanstanden, als der Gutachter der Beigeladenen plausibel dargelegt habe, dass der Brutbestand witterungsbedingt großen Schwankungen unterliege. Nicht zuletzt seien auch insoweit die Ergebnisse durch die Nachuntersuchung 2004 mit Frühjahrsuntersuchung bestätigt worden. Schließlich sei auch die Wertigkeit der Teilfläche Lachenäcker II des Eingriffsgebiets nicht unvertretbar niedrig und die positiven Wirkungen der Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Vögel durch Anlegung etwa von Brachestreifen auf Äckern nicht unvertretbar hoch bewertet worden; wegen des „Ausgleichsüberschusses“ bei der Avifauna komme es auf diese beiden Aspekte ohnehin nicht entscheidend an.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen; hiergegen kann der Kläger Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen (Az.: 8 S 1269/04).

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