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Gemeinden in Baden-Württemberg dürfen Veranstalter von sexuellen Vergnügungen besteuern

Datum: 16.05.2011

Kurzbeschreibung: Der für das kommunale Abgabenrecht zuständige 2. Senat des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat in einem heute bekanntgegebenen Urteil vom 23.02.2011 entschieden, dass der Betreiber eines Bordells zur Vergnügungssteuer herangezogen werden darf.

Die Klägerin betreibt in Leinfelden-Echterdingen ein sog. „Laufhaus“ mit 33 Zimmern, die an Prostituierte vermietet werden, einem Kontakthof mit verschiedenen Spiel- und Fernsehgeräten und einem Café. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen erhebt seit 01.01.2008 von den Unternehmen, die bestimmte Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund veranstalten, Vergnügungssteuer, darunter auch für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen“. Für das Jahr 2008 setzte sie gegenüber der Klägerin eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR fest. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, nicht sie, sondern allenfalls die bei ihr tätigen Prostituierten seien Steuerschuldner. Zudem sei der Flächenmaßstab eine unzulässige Bemessungsgrundlage, weil er den individuellen Vergnügungsaufwand nicht ausreichend berücksichtige. Sachgerechter sei eine Anknüpfung der Steuer an die zeitliche Nutzung der Zimmer durch die Prostituierten.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den Vergnügungssteuerbescheid nur in Höhe von 30.524,56 EUR als rechtmäßig angesehen. Es meinte, die Flächen des Kontakthofs und des Cafés dürften im Rahmen des Flächenmaßstabs nicht berücksichtigt werden, und gab der Klage daher teilweise statt. Auf die Berufung der Beklagten hat der VGH das Urteil abgeändert und die Erhebung der Vergnügungssteuer bei der Klägerin insgesamt für rechtmäßig erklärt.

Die Vergnügungssteuer sei eine typische örtliche Aufwandsteuer, die auf dem allgemeinen Gedanken beruhe, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leiste, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden könne, heißt es in der Begründung des Berufungsurteils. Gegenstand der Vergnügungssteuer könnten Vergnügungen jeglicher Art sein und damit auch Vergnügungen sexueller Art. Unerheblich sei, dass die Steuer nicht bei den sich vergnügenden Besuchern der jeweilige Einrichtung, die sie im Grunde treffen solle, sondern zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werde. Es reiche in diesem Zusammenhang aus, wenn dieser die Möglichkeit habe, die Steuer auf die Besucher abzuwälzen. Dass im Fall der Klägerin eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sei nicht ersichtlich.

Es verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, die Vergnügungssteuer nach der Veranstaltungsfläche zu bemessen, so der VGH weiter. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche würden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen werden könnten. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz stehe auch in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stelle so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Aufwand her. Zu Recht habe die Stadt auch die Klägerin und nicht die einzelnen Prostituierten als Steuerschuldnerin herangezogen. Sie stelle nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten zur Verfügung, vielmehr liege die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Aufgrund dieser unternehmerischen Tätigkeit würden ihr auch die entsprechenden Einnahmen zufließen.

Schließlich hat die Stadt nach Auffassung des VGH der Steuererhebung zu Recht nicht nur die Flächen der Zimmer der Prostituierten, sondern auch diejenigen des Kontakthofs und des Cafés zugrunde gelegt. Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden finde zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau machten aber gerade auch der Kontakthof und das Café den besonderen Charakter des Bordells aus und trügen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten solle den Kunden anziehen und sei deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen auch der Klägerin verbunden.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az: 2 S 196/10).

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